KLB fordert stärkere Gewichtung bei der Verpachtung von Kirchenland
An die Mitglieder in den Kirchenvorständen, die Engagierten in den Liegenschaftsausschüssen, Mitarbeitende in den Rendanturen im Bistum Münster
Wir, die Mitglieder des Diözesanvorstands der KLB im Bistum Münster, wenden uns mit diesem Schreiben an Sie, um Ihnen einen kleinen Einblick in die Situation vieler landwirtschaftlicher Betriebe zu geben. Anlass ist die aktuell sehr unsichere Lage, in der sich Bauernfamilien, insbesondere Betriebe mit Tierhaltung befinden und der damit verbundenen Bitte, soziale Kriterien bei der Verpachtung von Kirchenland stärker zu gewichten.
Der Strukturwandel in der Landwirtschaft hat sich in den letzten Jahren stark beschleunigt. Fachleute sprechen sogar von Strukturbrüchen, von denen insbesondere Regionen mit intensiver Tierhaltung, wie das Münsterland, der Niederrhein und der Niederrhein, betroffen sind.
Gesellschaftlich sprechen wir von einem Transformationsprozess, in dem sich die Landwirtschaft befindet. Er hat eine deutlich veränderte Haltung zu artgerechter Nutztierhaltung mit geringeren Tierzahlen ausgelöst. Viele Bauernfamilien sind bereit, diesen Weg zu gehen.
2016 wurde hierzu auf Bundesebene die sog. Borchert-Kommission für den Umbau der Tierhaltung und 2018 die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) von der Bundeskanzlerin ins Leben gerufen. Beide Kommissionen sind bzw. waren mit Personen aus allen relevanten gesellschaftlichen Gruppierungen aus den Bereichen Umwelt, Tierschutz und berufsständischen Organisationen besetzt. Seit 2018 liegen von allen befürwortete Vorschläge zum Umbau von Ställen auf dem Tisch. Seitdem sind die Verantwortlichen der Politik gefordert, entsprechende Gesetzesänderungen im Baugesetz und in den begleitenden Umweltgesetzen zu beschließen. Passiert ist seitdem nichts! Junge Landwirte warten ungeduldig darauf, ihre Ställe entsprechend umzubauen. Leider gibt es bis heute immer noch keine verlässlichen Rahmenbedingungen. Ältere Landwirte ohne Hofnachfolger wiederum suchen nach einem sozialverträglichen Ausstieg aus der Tierhaltung. Beide sind stark verunsichert und hoffen, dass sich dieser Schwebezustand bald ändert.
Investitionen in Ställe sind Investitionen, die 20 Jahre und länger Bestand haben werden, viel Kapital binden und deshalb rechtlich sicher sein müssen. Dazu kommen stark gestiegene Kosten seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine, die die Unsicherheit noch verstärken.
Wir möchten Sie daher bitten, bei der Verlängerung bzw. Neuverpachtung von Kirchenland die Situation im Blick zu haben und jeden Einzelfall genau zu betrachten. Bei dem Einen ist ein sozialverträglicher Ausstieg mit kurzen Laufzeiten bei Pachtverlängerungen richtig, andere Betriebe hoffen auf ein Nachverhandeln, wenn ein neues Baurecht vorliegt. Hier sind u. U. auch Pachtlaufzeiten von zwölf Jahren und mehr notwendig.
Wieder andere Betriebe mit z. B. hohen Grünlandanteilen planen extensive Bewirtschaftung mit Weidehaltung. Diese biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung sollte mit entsprechenden Pachtnachlässen verbunden werden. Grundsätzlich bestehen in der Grünlandbewirtschaftung deutlich höhere Kosten. Die Erträge (Gras) ist nur über die Haltung von Wiederkäuern oder Pferden nutzbar, so dass geringere Pachtzinsen bei Grünland grundsätzlich geboten sind.
Sorgen bereitet uns auch die grundsätzliche Orientierung an Bodenrichtwerten. Sie stehen mit den tatsächlichen Ertragswerten der Flächen oftmals in keinem Zusammenhang mehr. Hier sehen wir eine Gefährdung einer nachhaltigen, regenerativen Landwirtschaft. Die langfristig nachhaltige Sicherung der Bodenfruchtbarkeit ist ein hohes Gut. Viele Betriebe erweitern deshalb ihre Fruchtfolgen auch mit Verzicht auf weniger ertragreiche Marktfrüchte.
Gerne stehen wir für Rückfragen zur Verfügung oder würden Hintergründe der aktuellen Situation in einer KV Sitzung erläutern. Wichtig ist es uns, den Druck auf die Bauernfamilien durch im Einzelfall nicht tragbare Pachtzinsforderungen zu vermeiden. Daher bitten wir sie jeden Einzelfall auch nach sozialen Kriterien zu entscheiden. Wenn sich bei Ihnen keine ortskundigen Landwirte mehr im Kirchenvorstand engagieren, zögern sie nicht kirchennahe Bauernfamilien um Rat zu fragen oder den gewählten Ortslandwirt anzusprechen. Hier könnten wir im Bedarfsfall schnell einen Kontakt herstellen.
Aufmerksam machen möchten wir Sie auch auf unser aktuelles Projekt „Gemeinwohlleistungen in Wert setzen!“ Hier haben fünf landwirtschaftliche Betriebe aus unserem Bistum ihre ökologischen und sozialen Leistungen von einem unabhängigen Unternehmen rechnen lassen. Die Leistungen wurden dabei mit einem bilanziellen Wert unterlegt. Diese Leistungen erbringen die Bauernfamilien unentgeltlich, d. h. sie werden nicht über den Verkauf ihrer Produkte vergütet. Das Ergebnis ist beachtlich. Auf die Fläche umgerechnet sind das über 1.300,- €/ha an Nachhaltigkeitsleistungen. Gerne stellen wir Ihnen die Ergebnisse in Ihrer Pfarrgemeinde im Rahmen einer KV- oder Pfarreiratssitzung vor.
Wir wissen um die vielfältigen Aufgaben, die Sie in den Kirchenvorständen ehrenamtlich leisten, hoffen jedoch, dass Sie für diese sensiblen Fragen zur Zukunft vieler Bauernfamilien ein offenes Ohr haben.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr KLB Diözesanvorstand im Bistum Münster
Ansprechpartner für diesen Beitrag

Ulrich Oskamp
KLB-Diözesanreferent
Telefon: 0251/53913-23
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