Interview mit Margret Schemmer
Für die LANDaktiv 03/2023 nahm sich Agrar-Referent Ulrich Oskamp Zeit, um mit Margret Schemmer, der Vorsitzenden der KLB-Münster, über Stadt, Land und Ehrenamt zu sprechen.
Hallo Margret, du bist nun schon 10 Jahre KLB-Diözesanvorsitzende in Münster, dazu noch im Kirchenvorstand aktiv, Vorsitzende des Heimatvereins Coesfeld-Lette und hauptberuflich Hausdame in einem Hotel. Hab' ich was vergessen?
Ja und Nein! An diesen Ämtern hängen wieder viele Delegationsaufgaben und Gremienarbeit in Dachverbänden. Zudem versuche ich an den Angeboten in meinem Heimatort teilzunehmen, bin im Schützenverein aktiv und pflege regelmäßig Kontakte in meinem großen Freundes- und Bekanntenkreis. Wichtig ist mir auch meine Familie. Meine Mutter, meine Geschwister, zahlreiche Neffen und Nichten sind wichtiger Bestandteil meines Lebens.
Wie sieht dein Tagesablauf aus?
Ich bin Frühaufsteherin, egal wie spät es abends wird. Um 6 Uhr beginnt mein Dienst im Hotel, meistens bin ich so gegen 16.00 Uhr wieder zuhause. Dann heißt es Mails durchschauen, Telefonate führen und manchmal auch direkt ins Auto zu Terminen. Drei bis vier Mal in der Woche bin ich abends unterwegs. Ein gemütlicher Fernsehabend ist aber auch schon mal dabei.
Wie entspannst du dich? Was ist dir als Ausgleich wichtig?
Gartenarbeit und, man glaubt es nicht, Bügeln ist für mich Entspannung pur. Und im Sommer ein Plausch mit den Nachbarn auf der Straße, ein Spaziergang oder eine spontane Tour mit dem Fahrrad in die Umgebung. Das brauche ich und die Zeit nehme ich mir auch.
Vermisst du etwas? Oder wächst dir die Arbeit auch schon mal über den Kopf?
Vermissen tue ich zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich nichts, weil ich das, was ich tue, alles sehr gerne mache. Was ich allerdings gelernt habe, seitdem ich das Amt der Vorsitzenden des Heimatvereins innehabe, ist es, zu delegieren. Der Tag hat nur 24 Stunden. Auch plane ich meine Zeit seitdem langfristiger. Das klappt ganz gut.
Was macht Ehrenamt für dich so wertvoll?
Ganz klar, sinnerfüllte Freizeit. Mit Gleichgesinnten was bewegen, sich einbringen, Projekte anstoßen und umsetzen. Wichtig ist mir aber auch, meine Meinung zu äußern. Nicht zu allem Ja und Amen zu sagen und selbst Verantwortung übernehmen. Wenn es ab und zu mal ein positives Feedback gibt, bin ich zufrieden.
Es ziehen zunehmend Menschen von der Stadt auf das Land, gerade um eine "Work-Life-Balance" herzustellen. Menschen jedoch, die vom Land in die Stadt ziehen, tun dies meist wegen der Arbeit. Ist es auf dem Land einfacher, im "Gleichgewicht" zu leben?
Ja, den Trend beobachte ich auch, wenn, wie bei uns in Lette, die Internetanbindung in Ordnung und zumindest ein Dorfladen in der Nähe ist, zieht es immer mehr Menschen aufs Land. Besonders Familien mit Kindern möchten einen Lebensraum, in dem die Kinder sich sicher bewegen können, die Natur erleben, mit einem eigenen Garten und einem Umfeld ohne große soziale Spannungen. Das gibt es in den meisten Städten nicht mehr. Dafür nehmen Eltern auch gerne weitere Wege in Kauf. Zufriedene3 Kinder, zufriedene Eltern!
Andere entscheiden sich bewusst fürs Landleben, nicht nur Aussteiger, weil sie zunehmend spüren, dass das Leben in natürlichen Kreisläufen, dass ihnen Entschleunigung guttut. Diese Haltung führt zu Werteverschiebungen. Was sind die wichtigen Dinge des Lebens? Für diese Fragen Zeit zu haben, dafür waren die Coronazeiten gut. Mal schauen, ob der Trend anhält. Landluft, nicht Stadtluft macht frei! Übrigens die Übernachtungszahlen für Kurzurlaube im Münsterland steigen immer noch.
Könntest du dir selbst vorstellen in die Stadt zu ziehen?
Darüber habe ich noch nie wirklich nachgedacht. Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen und lebe gern im Dorf. Meine Stadterfahrung sind zehn Tage Berlin auf der Grünen Woche. Ganz ehrlich, zehn Tage Großstadt sind ja mal ganz schön. Das ist aber genug, dann zieht mich das Heimweh nach Hause aufs Land.
Was würdest du dort vermissen?
In der Stadt? Den Platz, die Nachbarn, meinen Garten, das Vereinsleben, meine Freunde, den Stallgeruch, die Ruhe, spontane Spaziergänge in die Natur, das Gefühl, ohne Angst im Dunkeln durch die Straße zu gehen ... Ich glaube alles, was mein Leben ausmacht.
Work-Life-Balance ist etwas, das vielen Menschen immer wichtiger zu werden scheint. Was bedeutet es für dich?
Ganz ehrlich, darüber mache ich mir im Moment keine Gedanken. Solange ich alles, was ich mache, gerne erledige, fühle ich mich im Gleichgewicht. Zehn Tage Standdienst auf der Grünen Woche, dann zehn Tage Urlaubsvertretung im Hotel, Besuche bei Freunden, Gremienarbeit in der KLB und im Ort. Ich liebe die Abwechslung und ich glaube, dass von den unterschiedlichen Erfahrungen alle meine Lebensbereiche profitieren. wichtig ist sicher auch, dass man gesund bleibt. Das kann man leider nicht planen.
Was würde dich aus dem Gleichgewicht bringen?
Ich glaube, das wäre Arbeitslosigkeit. In allen anderen Lebenslagen, auch bei Krankheit würde ich von meiner Familie und meinen Freunden aufgefangen, da bin ich mir sicher. Wenn ich sie nicht hätte, dann auch Einsamkeit, die gibt es leider auch auf dem Land.
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Sorge bereitet mir, das es immer schwieriger wird genügend Ehrenamtliche für die vielen Bereiche des Dorf- und Vereinslebens zu finden. Das gilt leider auch in der KLB. Gerade der ländliche Raum lebt vom ehrenamtlichen Engagement. Ehrenamt muss von der Öffentlichkeit und der Politik mehr wertgeschätzt werden bis hin zur Anerkennung der Arbeit beim Sammeln von Rentenpunkten. Immer mehr Menschen können sich Ehrenamt nicht mehr leisten. Das finde ich sehr schade.
Wenn du nicht KLB-Diözesanvorsitzende wärest, dann...?
... würde mir mit Sicherheit was fehlen. Die KLB hat meine Persönlichkeit geprägt, mir neue Horizonte geöffnet. Ich hätte zwar etwas mehr Zeit für mich, aber auf dem Sofa sitzen würde ich bestimmt nicht.
Vielen Dank für das Gespräch!
Ansprechpartner für diesen Beitrag

Ulrich Oskamp
KLB-Diözesanreferent
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